Ulrich Bernath 1)
in: Lehre und Betreuung im Fernstudium, Abschlußbericht
zum Ringkolloquium des Zentralen Instituts für Fernstudienforschung
(ZIFF) der FernUniversität im Wintersemester 91/92, hrsg. v. Nicola-Maria Bückmann u.a., FernUniversität - Gesamthochschule - in Hagen, Mai 1992, S. 75 - 87
Das Zentrale Institut für Fernstudienforschung (ZIFF) der FernUniversität veranstaltet im Wintersemester 1991/92 das "ZIFF-Ringkolloquium: 'Lehre und Betreuung im Fernstudium'" unter namhafter Beteiligung von Experten aus dem In- und Ausland. An den hieran beteiligten Expertenkreis richtet sich der folgende Diskussionsbeitrag.
Die Mentorentätigkeit ist im System der FernUniversität eine ausführlich und exakt beschriebene Angelegenheit 2). Dennoch gibt es von Bundesland zu Bundesland bemerkenswerte Unterschiede bei der Beschäftigung von Mentorinnen und Mentoren. In Bremen nehmen z.B. Mentorenaufgaben abgeordnete Lehrer wahr, in Hamburg sind es Lehrbeauftragte, und die Lehrbeauftragten in Österreich unterscheiden sich wiederum von denen in Hamburg. In Niedersachsen gelten Mentorenrichtlinien, die den nordrhein-westfälischen sehr nahe kommen und dennoch haben sich hier wesentlich andere institutionelle Rahmenbedingungen für die Mentorenarbeit herausgebildet als in Nordrhein-Westfalen.
Die spezifisch niedersächsische Variante im Beratungs- und Betreuungssystem der FernUniversität ermöglicht es, daß Mentorenarbeit im Zusammenspiel von hauptamtlich und nebenamtlich bzw. nebenberuflich tätigen Mentorinnen und Mentoren an zentralen Einrichtungen der Universitäten Hildesheim, Lüneburg und Oldenburg wahrgenommen wird.
Dabei vereinen die hauptamtlich tätigen wissenschaftlichen Angestellten ihre Mentorentätigkeit mit den Aufgaben des (Fern-)Studienberaters, sie koordinieren den Mentoreneinsatz und sind an der Entwicklung von Fernstudienangeboten beteiligt.
Das Fernstudienzentrum der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg beschäftigt neben dem Leiter der zentralen Einrichtung zwei solcherart hauptamtliche wissenschaftliche Mitarbeiter, die auch Mentorenaufgaben übernehmen und weitere 20 nebenamtlich bzw. nebenberuflich tätige Mentorinnen und Mentoren.
Die Mentorinnen und Mentoren des Oldenburger Fernstudienzentrums arbeiten vereinbarungsgemäß 3) nach einem nunmehr in dreizehn Jahren der Zusammenarbeit erprobten und bewährten Verfahren mit der zustimmenden Stellungnahme ("Agrément") der jeweiligen Lehrgebiete der FernUniversität. Für die Mentorenauswahl sorgt ein Ausschuß des Senats der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, der bei den Professoren nach dem Fachprinzip zusammengesetzt ist und auch die Statusgruppenvertreter an der Auswahlentscheidung beteiligt.
Das Fernstudienzentrum der Oldenburger Universität nimmt gegenüber der FernUniversität die Aufgabe eines Studienzentrums wahr und darüber hinaus wirkt es als zentrale Einrichtung an der Entwicklung und Erprobung von Lehreinheiten für Studien im Medienverbund in Verbindung mit den Fachbereichen der Universität Oldenburg mit. Einer Senatskommission mit dem Vorsitz durch einen Vizepräsidenten obliegt die Aufgabe der akademischen Selbstverwaltung.
Die Hauptaufgabe des Fernstudienzentrums in Oldenburg ist mit der Beratung und Betreuung der Studierenden an der FernUniversität verbunden und in diesem Zusammenhang ist der koordinierte Mentoreneinsatz die Leistung des Fernstudienzentrums, die den größten Teil aus dem vorhandenen Personal- und Sachmitteletat bindet und so durchgängig der gewichtigste Faktor bei der Wahrnehmung der Daueraufgaben ist. Für den Mentoreneinsatz sind - wie schon gesagt - wissenschaftliche Mitarbeiter (die "Mentoreneinsetzenden") zuständig, die unter fachbereichs- bzw. fachgebietsbezogener Sicht den Mentoreneinsatz planen und koordinieren.
Das folgende Schema gibt hierzu den Einblick nach dem Stand des WS 91/92:
Fachbereichsbezogene Gliederung des Mentoreneinsatzes im Fernstudienzentrum der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg | |||
Wiss. Angestellte (Studienberatend und koordinierend Tätige, "Mentoreneinsetzende") |
Bernath (1.) Dipl. Ökonom Rechts- und Wirtschaftswissenschaft |
Kleinschmidt LA Mathe/Physik Mathematik/Informatik/ Elektrotechnik |
Hohlfeld (1/2 seit '90) (2.) Dipl.Soz.; Dipl.-Ing.Rmpl. Erziehungs-, Sozial- u. Geisteswissenschaften |
nebenberuflich bzw. nebenamtlich tätige Mentorinnen und Mentoren |
Bicker Haase Heuermann Dr. Klaus Kleinschmidt Mattfeldt Meiners, A. Meiners, J. Sittig Willms Dr. Wolff |
Dr. Bier Brüning Haase Hinrichs Janßen Kleinschmidt Dr. Lewerenz Mattfeldt Pargmann Dr. Suwa-Bier Wenau |
Friesen Hohlfeld Koriath Müller |
Summe des durchschnittlichen, wöchentlichen Mentoreneinsatzes | ca. 40 | ca. 35 | ca. 15 |
|
Mit diesem Schema des Beratungs- und Betreuungsbetriebes im Oldenburger Fernstudienzentrum im Blick setze ich meine weiteren Ausführungen mit einer These fort:
Unter den spezifischen niedersächsischen Bedingungen findet in Oldenburg Mentorentätigkeit nicht nur unter den üblichen Rahmenbedingungen der Mentorenrichtlinie statt, sondern füllt diese in spezifischer Weise aus und bildet dabei ein nennenswertes, erweitertes Leistungsspektrum heraus, das als eine eigenständige Variante im System der FernUniversität angesehen werden kann.
Ich werde im folgenden die Mentorentätigkeit mit einer Vielzahl von Beispielen und Hinweisen illustrieren. Diese Beispiele stammen alle aus der dreizehnjährigen Arbeit des Oldenburger Fernstudienzentrums. In ihrer Vielfalt und Vielzahl mögen sie auf die Diskussion über Stellung und Stellenwert der Mentorenarbeit befruchtend wirken und das Verständnis für ein differenzierendes Bild im Fernstudiensystem der FernUniversität fördern. Jedes einzelne Beispiel und jeder Verweis lassen sich ausführlich vertiefen. Für den Zweck des Diskussionsbeitrages muß hier zunächst auf Ausführlichkeit verzichtet werden. Im übrigen erlaube ich mir, in dem von mir angesprochenen Insiderkreis Fachwissen voraussetzen zu dürfen.
Die ca. 1000 Teilnehmerplätze an Wochenendstudientagen und ca.
250 in Bildungsurlaubswochen, die die niedersächsischen Fernstudienzentren
heute in einem gemeinsam abgestimmten Programm unter Beteiligung eines
großen Teils der Mentorinnen und Mentoren während eines Studienjahres
anbieten, reichen für die tatsächliche Nachfrage nicht aus. Die
Anforderungen, solcherart Veranstaltungen inhaltlich und methodisch zu
gestalten, sind ohne Zusatzqualifikationen und hohes persönliches
Engagement seitens der Mentorinnen und Mentoren nicht zu erfüllen.
Die Mentorinnen und Mentoren haben hierfür ein fachgebietsbezogenes und veranstaltungsformbezogenes Repertoire von eigenen Konzepten entwickelt, das dem hohen Erwartungsdruck der studienerfolgsorientierten Fernstudierenden standhalten muß. Das hier angedeutete Repertoire von Fähigkeiten, das die Mentorinnen und Mentoren unter Beweis stellen, ist bisher meines Wissens nach noch nicht empirisch untersucht worden. Die hiermit verbundene besondere Arbeitsleistung und die dabei herausgebildete Qualifikation ist inzwischen ein faktischer Bestandteil der Berufserfahrung unserer Mentorinnen und Mentoren. Das Erfahrungswissen hierüber geht als Kriterienbündel bei der Auswahlentscheidung unseres Mentorenauswahlausschusses mit ein.
Dies wird durch die Verbindung von Studienberatungs- und fachlicher
Betreuungskompetenz in den Personen der hauptamtlich beschäftigten
wissenschaftlichen Mitarbeiter des Fernstudienzentrums gewährleistet
und durch den gezielten Einsatz von nebenberuflich/nebenamtlich tätigen
Mentorinnen und Mentoren untermauert.
Drei Beispiele für das konzeptionelle Vorgehen sollen hier exemplarisch herausgehoben werden:
Die besondere Situation des bereits berufstätigen Studienanfängers im Fernstudium, die meist fehlende Erfahrung mit einem Fernstudiensystem und die höchst unterschiedlichen individuellen Lernvoraussetzungen und Studieneinstiegsqualifikationen der künftig Studierenden veranlaßten uns immer wieder, mit verschiedenen konzeptionellen Ansätzen und Modifikationen, das Studienberatungsangebot der FernUniversität einschließlich der Vor-, Brücken-, Informations- und Orientierungskurse durch Eigenentwicklungen aus dem Fernstudienzentrum heraus zu ergänzen.
Die Durchführung aller bisherigen Maßnahmen wird gewährleistet durch das Zusammenwirken der studienberatend und fachbereichsbezogen koordinierend tätigen wissenschaftlichen Angestellten, durch deren eigenen Beitrag als Mentoren und durch die Einbeziehung von Fachmentoren aus dem Kreis der nebenberuflich bzw. nebenamtlich Tätigen.
So verständigt sich dieser Kreis,
Teil I: | "Lerntechniken für Studienanfänger" |
Teil II: | "Anfertigen einer Seminararbeit im Hauptstudium Wirtschaftswissenschaft (Hausarbeiten, Referate, Klausuren)" |
Teil III: | "Diplomarbeit/Magisterarbeit". |
Bei derart enger Verknüpfung von Beratungs- und fachlicher Betreuungstätigkeit erwerben die als Mentoren Tätigen Qualifikationen, die in der zentralen Einrichtung Fernstudienzentrum in Oldenburg in neuartige Arbeitszusammenhänge über den Rahmen der FernUniversität hinaus führen, wie z.B.:
1983 einigten sich die drei Hochschulen in einem "Verfahrensvorschlag
zur Zusammenarbeit bei der fachlichen Betreuung von Studenten der FernUniversität
im Hauptstudium ... auf der Grundlage der Kooperationsvereinbarung der
niedersächsischen Hochschulen mit Fernstudieneinrichtungen vom 1.1.1980
...".
Danach wurde festgelegt, daß jede Hochschule mit etwa einem Drittel
am niedersächsischen Betreuungsangebot im Hauptstudium Wirtschaftswissenschaft
beteiligt werden sollte. Damit einher gingen Abstimmungsprozesse zur Bedarfsabschätzung
bzw. Bedarfsermittlung, zum überregionalen und kooperativen Mentoreneinsatz
und zur Verwaltungspraxis.
Am wirkungsvollsten wurde dieses engere Zusammenarbeiten zwischen den
drei niedersächsischen Fernstudieneinrichtungen in der gemeinsamen
Entwicklung von Wochenend- und Bildungsurlaubsveranstaltungen für
Fernstudierende zum Semesterende. Hier wird Gelegenheit gegeben, in kompakter
Form den Kursinhalt, die Lehrveranstaltung als Ganzes zu wiederholen und
sich dabei auf die Klausurteilnahme vorzubereiten.
Über Konzeption und Umfang dieser Angebote heute geben laufend
Semesterprogramme Auskunft, die auf Anfrage an alle interessierten Fernstudierenden
auch außerhalb Niedersachsens ausgehändigt werden und heute
Angebote für Fernstudierende aller Fachbereiche enthalten.
Das koordinierte Betreuungsangebot im wirtschaftswissenschaftlichen
Hauptstudium gewährleistet in Niedersachsen eine nahezu lückenlose
fachliche Betreuung in vierzehn wirtschaftswissenschaftlichen Teilgebieten
und verteilt die finanzielle Last hieraus auf drei Fernstudieneinrichtungen.
Nach diesem Muster sind inzwischen fünf norddeutsche Fernstudieneinrichtungen (Oldenburg, Bremen, Hamburg, Lüneburg und Hildesheim) in vier fachbezogenen Koordinierungskreisen an der Programmgestaltung beteiligt. Diese Koordinierungskreise werden von ca. 15 hauptamtlichen Koordinatoren ("Mentoreneinsetzenden") gebildet und schließen ca. 60 Mentorinnen und Mentoren für ca. 35 Fachrichtungen ein.
Das Oldenburger Fernstudienzentrum bringt in diesen Verbund die Arbeitsleistung von drei hauptamtlich und 15 nebenamtlich/nebenberuflich Beschäftigten ein und erzielt damit eine potenzierte Wirkung mit seinen - gemessen an allen Aufgaben - unzureichenden Personalmitteln.
Eine weitere Sonderleistung für die Studierenden im Diplomstudiengang Informatik wurde durch unser selbst entwickeltes Angebot "Praktische Übungen zur Technischen Informatik" erbracht. Hier erhielten die Studierenden die Möglichkeit, parallel zur Bearbeitung der Kurse "Grundlagen der technischen Informatik" sowie "Mikroprogrammierte Schaltwerke und Mikrorechner" unter Anleitung Schaltnetze zu realisieren und erste Erfahrungen mit der Mikrorechnertechnik zu sammeln.
Seitens des Oldenburger Fernstudienzentrums wird seit dem Studienjahr
1990/91 das Konzept des "ESGW-Forums" praktiziert. Es vereint
die vereinzelt vorhandenen Bedarfe der Studierenden aus der Vielzahl von
Studienrichtungen und auf unterschiedlichen Studienniveaus mit der knappen
Zahl von Mentorinnen und Mentoren und deren eingeschränktem Angebotsvolumen.
Wiederum obliegt dem hauptamtlichen Koordinator die Funktion der Schaltstelle,
die das knappe, aber flexible Angebot mit dem verstreuten Interesse an
Beratungs- und Betreuungsleistungen zusammenführt.
Ein Ausfluß dieser Beratungs- und Betreuungssituation ist die inhaltliche Schwerpunktbildung der Betreuungsleistung auf Methoden der quantitativen empirischen Sozialforschung. Hier ragt als Sonderform für ein mentorielles Betreuungsangebot die "Präsenzveranstaltung SPSS zu Methoden in ESGW" heraus, die den Studierenden die Möglichkeit eröffnet, Kenntnisse über Datenanalyseverfahren am PC mit dem System SPSS/PC+ zu erwerben.
Ähnlich umfassende Erfahrungen liegen aus dem Inhaftiertenbereich
vor, wo gleichfalls studiengangsberatende Kontinuität und fachbezogene
Differenziertheit in dem hochanspruchsvollen Fernstudium über viele
Jahre den Extrembedingungen von Haft, Freigang und Resozialisation genügen
mußten.
Auf dem Hintergrund solcher Sondermaßnahmen verblassen die eher bescheidenen Erfahrungen, die wir mit Kinderbetreuung für Studierende in der Familienphase im Rahmen von Studientagen gesammelt haben.
Aus diesen Gründen hat die Mitarbeiter-Fortbildung im Oldenburger
Fernstudienzentrum einen besonders hohen Stellenwert. Auch hierfür
müssen neue Konzepte entwickelt werden, wenn 20 von 23 mit Beratungs-
und Betreuungsaufgaben betraute wissenschaftlich qualifizierte Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im wöchentlichen Durchschnitt nur bis zu maximal 6
Präsenzstunden beschäftigt werden dürfen. Hier hat sich
eine Form permanenter Fortbildung herausgebildet, die sich aus dem Vermittlungs-
und Rückkoppelungsprozeß über laufende Arbeit zwischen
den koordinierend tätigen, hauptamtlichen und den nebenamtlich/nebenberuflich
tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fernstudienzentrums
ergibt. Gestützt und vertieft wird dieses wechselseitige Aufeinander-Beziehen
durch Vortragsveranstaltungen im Rahmen von Studientagen und Wochenendstudientagen
sowie durch schriftliche Unterlagen in Briefform, als interne Manuskripte
oder beispielsweise auch durch die Reihe "studien + berichte"
des Fernstudienzentrums. Dies alles ergänzt, kompensiert, fügt
sich ein in vorhandene oder auch nicht vorhandene Angebote der FernUniversität
zur Fortbildung des Beratungs- und Betreuungspersonals.
Dienstbesprechungen, Mentorentreffen, Mentorenseminare fachbereichsübergreifend
und fachbereichsbezogen sind sehr begrenzt handhabbare Formen der internen
Fortbildung. Arbeitsgruppen, Projektgruppen und Koordinierungsgruppen schließen
die Formen von Fortbildung ein, die meist an neue Arbeitsvorhaben gebunden
und somit nur für einen Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
zugänglich sind.
Ich denke hier an folgende Beispiele:
Das Fernstudienzentrum hat seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
dabei schon mehrmals Gelegenheit verschaffen können, in völlig
neue Arbeitszusammenhänge eintreten zu dürfen, einmal enger an
die FernUniversität angelehnt, einmal losgelöst davon in anderen
oder neuartigen Fernstudienentwicklungen. Das Know-how des Fernstudienzentrums
ist durch die Personen der hauptamtlichen und nebenberuflich/nebenamtlich
Beschäftigten in Vorhaben hineingetragen worden, die in Verbindung
mit den Fachbereichen der Universität Oldenburg und/oder anderer Institutionen
realisiert wurden.
Aus diesen Arbeitszusammenhängen flossen dann auch wieder neue Erfahrungen in den der FernUniversität geschuldeten Beratungs- und Betreuungsbetrieb zurück. Ich will hier besonders die folgenden Fernstudienentwicklungsprojekte erwähnen:
Soweit in den hier genannten Beispielen Leistungen des Fernstudienzentrums erbracht wurden, sind diese mit Drittmitteln verschiedenster Art bis zu Teilnehmerentgelten verbunden gewesen. Auf diese Weise konnte auch eine Aufwertung von Mentorenarbeit und Erweiterung des Handlungsspektrums der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fernstudienzentrums erzielt werden. In der Wechselbeziehung zwischen Fernstudium der FernUniversität und Fernstudienprojekten der Universität Oldenburg finden ungewöhnlich befruchtende Prozesse statt, in denen sich die Mentorenarbeit bewährt und die für deren Qualität bereichernd sind.
Ich komme nun zu meinem Resümée.
Die deutsche FernUniversität in Hagen hat sich für eine Version von Fernstudium entschieden, die die Mentorin und den Mentor konstitutiv enthält (siehe § 112 Wiss. HG und Grundordnung der FernUniversität). Sie sind nicht in die Lehre integriert, sondern ein fakultativer Bestandteil des Beratungs- und Betreuungssystems.
Meine Ausführungen sollten deutlich machen, daß in diesem Fernstudiensystem unter föderalistischen Rahmenbedingungen länderspezifische Ausformungen möglich sind. Das Land Niedersachsen beteiligt sich an der Finanzierung des Fernstudiums durch einen nennenswerten Aufwand für die Beratung und Betreuung niedersächsischer Studierender der FernUniversität. Diese Mittel sind für ein flächendeckendes Angebot zentralen Fernstudieneinrichtungen an drei niedersächsischen Universitäten überlassen. Beratungs- und Betreuungsarbeit wird hier aus einem universitären Umfeld heraus gestaltet.
Das in meinen Beispielen beschriebene Leistungsspektrum der Mentoren im Oldenburger Fernstudienzentrum, zu dem ich die These aufgestellt habe, es beschreibe eine eigenständige Variante von Beratung und Betreuung im System der FernUniversität, hat sich auch unter den Bedingungen knapper und zeitweise stagnierender Haushaltsmittel weiterentwickelt. Vieles ist dabei Effizienzüberlegungen und anderes drittmittelbringenden Projektvorhaben geschuldet, wie ich an einzelnen Beispielen exemplifizieren konnte.
Dank der in Niedersachsen gewählten Organisations- und Personalstruktur mit den hauptamtlich koordinierend tätigen wissenschaftlichen Angestellten in einer zentralen Einrichtung ließen sich in Oldenburg bedarfsgerechte und flexible Konzepte der Beratung und Betreuung und ein effizienter Mentoreneinsatz realisieren. Außerdem ließen sich Brücken zu den Fachbereichen der eigenen Universität durch die beachtliche Zahl von drittmittelgeförderten Projekten bauen. Die Kombination von Fern- und Präsenzstudien ist gleichfalls in Gang gekommen.
Mentorinnen und Mentoren sind dem Fernstudiensystem zugeordnet; sie profilieren sich in diesem System sehr unterschiedlich. Mentorentätigkeit findet in der breiten Skala von kurzfristigen nebenamtlich/nebenberuflichen und auch in unbefristeten hauptamtlichen Beschäftigungsverhältnissen statt.
Nach dreizehn Jahren Erfahrungen mit dem Beratungs- und Betreuungsbetrieb für das Fernstudium muß zugestanden werden, daß sich eindeutig mehr mentorielle Daueraufgaben herausgebildet haben, als in Dauerbeschäftigungsverhältnissen aktuell wahrgenommen werden. Dieser Satz gilt auch für das Oldenburger Fernstudienzentrum, wo bereits Mentorentätigkeit im Hauptamt verankert ist.
Unbestritten bleibt die Rolle der nebenberuflich bzw. nebenamtlich tätigen Mentorinnen und Mentoren in Bezug auf das Lehrangebot im Fernstudium, welches einen flexiblen und auch kurzfristigen, hochqualifizierten und spezialisierten Mentoreneinsatz verlangt.
Die in Niedersachsen geltenden Vergütungssätze für die Mentorenarbeit sind unzumutbar.
Mentorenarbeit findet im deutschen Fernstudiensystem derzeit eher schlecht vergütet im Spannungsverhältnis zwischen der (Fern-) Lehre und dem (Fern-) Studierenden statt. Mentorenarbeit ist nicht mit der Lehre verbunden, sie wird aber unmittelbar mit Studienerfolgserwartungen seitens der Studierenden und mit hohen Qualifikationskriterien des anbietenden Lehrgebietes konfrontiert. Hieraus ergibt sich ein massiver Erwartungsdruck an die Mentorin und den Mentor. Mentorentätigkeit und Studienerfolg lassen sich aber nicht in einen direkten Zusammenhang bringen. Das bestätigen bisherige Untersuchungen 18) und das gilt auch für die Variante Oldenburg in Niedersachsen. Auch hier bleibt die (Fern-) Lehre (L) für den Studienerfolg (E) eine bestimmende und die Mentorenarbeit (M), soweit sie sich auf die Lehrinhalte zu beziehen hat, eine davon abhängige Größe (E = E(L, M(L))). Der Diskussionsbeitrag sollte zeigen, was in dieser Beziehung zu tun bleibt.
Fußnoten:
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